Darf ich mich vorstellen? Ich bin Leopold Zausel von der Distelbeck. Willkommen in meinem virtuellen zu Hause.

Leider habe ich vor langer Zeit mein Heim verloren und musste eine Zeit lang auf der Straße leben. Aufgrund einer kleinen Fehlfunktion meiner Schilddrüse wurde ich dort sehr krank und brauchte dringend Hilfe. Meine Retter vom Tierschutzverein Groß-Essen e. V. haben nicht lange gefackelt und mich zu sich genommen. Dort wurde ich mit viel Liebe von den Pflegern aufgepäppelt und durfte sogar für ein paar Tage in ein Katerhotel mit VIC*-Zimmer. Die Wirte Bea und Ernst haben mich dort besonders gut behandelt und sich hervorragend um mich gekümmert. Und am 23. Dezember 2011 war es dann soweit: Ich bekam mein neues zu Hause mit eigener Schmuserin und Betreuerin, die nur noch für mich da ist.

Meine Namensgebung war so eine Sache. Da ich im Distelbeckhof in Essen-Katernberg (ein sehr schöner Stadtteil-Name!) gefunden wurde, nannten die Leute im Tierheim mich Distel. Bea und Ernst haben festgestellt, dass ich aussah wie ein Zausel, da ich ziemlich übel vom Tierheim-Frisör zugerichtet wurde. Doch meiner Betreuerin verriet ich meinen vollständigen Namen: Leopold Zausel von der Distelbeck, für Freunde kurz Leo.

*) VIC = very important cat

Donnerstag, 5. Januar 2012

Geflügel in Aspik

Ein Kater in meinem Alter hat ja schon einige Ansprüche an das Leben. Zumindest behauptet das meine Mitbewohnerin. Ich persönlich bin der Meinung, ein Kater meines Alters hat nur ein oder zwei Ansprüche, die wichtig sind: Gutes Futter, ein guter Schlafplatz und – na gut Anspruch Nummer drei: Ein anständiger Schmuseprofi, der genau weiß, wo es besonders schön für einen gestandenen Kater ist, gekrault zu werden.

Also so schwer ist das ja nicht. Warum dann aber meine Mitbewohnerin immer genervt drein blickt, wenn ich das Futter zurück gehen lasse, weil es nicht meinem Tagesgeschmack entspricht, verstehe ich nicht.

Zum Beispiel heute Morgen:
Wir stehen auf und treffen uns in der Küche. Ich lasse es sogar zu, dass sie sich erst einen Kaffee kocht, bevor sie sich meinen Bedürfnissen widmet. Die Zeit nutze ich immer, um ihr durch meine Gedanken mitzuteilen, worauf ich Appetit habe. 'Geflügel in Aspik, Geflügel in Aspik, Geflügel in Aspik, Geflügel in Aspik'. Freudig strahlte ich sie an, als sie dann zum Schrank ging, mein Frühstück heraus nahm und mir in einer Keramikschale vorbereitete. Mir lief schon das Wasser im Munde zusammen. Und dann??? Leberpastete! Bäh! Wisst ihr wie das ist, sich auf Geflügel in Aspik zu freuen und dann Leberpastete zu bekommen? Nicht schön.

Beleidigt guckte ich sie an. Ich verdrehte meine Augen und scharrte mit meinem Pfötchen um ihr zu zeigen, dass dies nicht gewünscht war. Ich konzentrierte mich nochmal und sendete ihr meine Gedanken: 'Geflügel in Aspik, Geflügel in Aspik, Geflügel in Aspik, Geflügel in Aspik'.

Ratet mal: Erst nach zwei weiteren Versuchen bekam ich endlich mein Geflügel in Aspik. Und sie ist brummig! Was denkt die denn? Das ich einfach esse, was sie bestimmt? Wo sind wir denn hier?

Wisst Ihr, inzwischen habe ich nochmal nachgedacht. Kann es sein, dass sie meine Gedanken gar nicht lesen kann? Ist sie etwa dumm? Na ja, hin und wieder habe ich schon den Eindruck gewonnen, dass sie etwas langsam ist und nicht immer versteht, was ich von ihr will.

Da denkt ein Kater in meinem Alter, dass er endlich sein Altenteil genießen kann und nun muss ich noch Lehrer werden und meiner Profischmuserin beibringen, Gedanken von Katzen lesen zu können. Mann, das wird eine ziemliche Arbeit sein. Aber vielleicht ist das gar nicht so schlecht. So roste ich nicht ein und tue noch ein gutes Werk.

In diesem Sinne,

Euer Leo, der Gelehrte

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